GPS-Tracking – Ein DSGVO-Problem

Wissen reizt, auch das Wissen, wo sich ein Objekt, ein Gegenstand oder eine Person aktuell befindet. Live-Tracking ist die Verfolgung von bewegten Objekten in Echtzeit (auch Geofencing). Problematisch wird es bei der Lokalisierung einer Person. Technisch ist vieles möglich, doch inwieweit ist Tracking von Personen - sei es absichtlich oder als Nebeneffekt - noch rechtens?

Technische Aspekte der Standortbestimmung

Technische Unterschiede

Technisch gibt es beim Tracking erhebliche Unterschiede, die bei der rechtlichen Bewertung herauszuarbeiten sind.

  • Datenlogger beispielsweise können die aktuelle Position bestimmen und als Daten offline speichern; die gespeicherten Daten werden erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgelesen und gegebenenfalls nachträglich ausgewertet. Ein Track (engl. track: zurückgelegter Weg oder Spur) beschreibt eine Strecke anhand einer geordneten Liste von Punkten mit Koordinaten. In Fahrzeugen beispielsweise kann dies dem Führen eines Fahrtenbuchs dienen, ohne dass die Daten online verfügbar sind. Neben Breiten- und Längengrad lassen sich mit der Komponente Zeit auch Beschleunigungs- und Geschwindigkeitswerte berechnen.
  • Echte GPS-Tracker verfügen über eine eigene Positionsbestimmung und gegebenenfalls eine Übertragungsmöglichkeit, um ihre Standortdaten ohne weiteres Gerät live an einen Server zu senden. Alternativ ist es möglich, die Positionsbestimmung an andere Geräte zu übermitteln.
  • Bloße Ortungschips dagegen ermitteln ihre eigene Position normalerweise nicht. Sie haben keine eigene Möglichkeit zur Standortbestimmung, sondern nutzen lediglich die Position eines in Reichweite befindlichen weiteren Geräts. Sie übertragen also weder die Standortdaten noch ermitteln sie selbst ihren Standort. Ein Beispiel hierfür sind Apple AirTags, die erst verbunden mit einem beliebigen iPhone Daten an das Wo-ist-Netzwerk übermitteln und andere Finder-Schlüsselanhänger. Der große Nachteil ist, dass die Ortungschips ein weiteres Gerät zur Standortbestimmung und Übermittlung benötigen. Der Vorteil ist eine um weiten längere Batterielaufzeit.

GNSS, NAVSTAR GPS, GALILEO, GLONASS und CO

Die Möglichkeiten der Positionsbestimmung sind jedenfalls für die nachfolgende rechtliche Betrachtung wenig relevant, aber vielleicht doch interessant:

Zur Standortbestimmung dient meist ein Global Navigation Satellite System (kurz: GNSS). Dazu strahlen Satelliten mit codierten Radiosignalen ihre aktuelle Position und die Uhrzeit aus. Empfänger am Boden können aus den Laufzeiten des Signals durch Triangulation zu mehreren Satelliten ihre Position, Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung berechnen.

Den meisten bekannt ist das in den 1970er-Jahren entwickelte und seit den 1990er-Jahren einsatzbereite, US-amerikanische Global Positioning System (kurz: GPS), auch Navigational Satellite Timing and Ranging-GPS (NAVSTAR-GPS). Im Bereich der zivilen Nutzung ist GPS auf 10 Meter genau, kann aber durch Differenzmethoden auf Werte im Zentimeterbereich und höher steigern. Weitere Satellitennavigationssysteme sind das europäische Galileo, das russische Globalnaja nawigazionnaja sputnikowaja sistema *(*GLONASS), das chinesische Beidou, das Indian Regional Navigation Satellite System (IRNSS) und das japanische Quasi-Zenit-Satelliten-System (QZSS).

Ganz ohne Satelliten ist aber auch eine Triangulation anhand anderer Signale, beispielsweise der Mobilfunkmasten, möglich. In der Luftfahrt ist zudem eine Standortbestimmung über VOR- und NDB-Funkfeuer sowie inertiale Navigationssysteme vorgesehen.

Je nach Anwendungsfall kann die Genauigkeit der Positionsbestimmung von erheblicher Bedeutung sein. Im militärischen Bereich sind Zielkoordinaten möglichst exakt zu bestimmen. Aber auch in der Landwirtschaft sind im Rahmen des Precision Farming zur Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen möglichst genaue Standortdaten erforderlich. In der Luftfahrt sind präzise Positionen sowieso von essentieller Bedeutung.

Gebrauchs- und Missbrauchsfälle

Die Gebrauchsfälle sind vielfältig: Nicht nur in der Verwendung als elektronisches Fahrtenbuch, als Sportdatenlogger, zur Sendungsverfolgung, im Geocaching (Spiel), im Flugverkehr, in der Logistik von Fahrzeugen (einschließlich Speditionen, Rettungsdienst, Feuerwehr, Katastrophenschutz) und Waren, sondern auch zur Gefahrenabwehr (beispielsweise zum Diebstahlschutz oder Vermeidung von Kidnapping), in der Warenbeschaffung, zur Objektsicherung und -verfolgung, in der Fotografie oder auch einfach nur zur Navigation.

Damit verbunden ist meist die Positionsbestimmung natürlicher Personen. Denn die Sendungsverfolgung eines Päckchens lässt auch den Fahrer der Postkutsche nachverfolgen, Piloten, Mitarbeiter und Passagiere von Bussen und Flugzeugen lassen sich über entsprechende Apps ebenfalls verfolgen – wie beispielsweise Flightradar.

Daneben bieten alle Systeme auch Möglichkeiten zum Missbrauch. Mit einfachen Kniffs lassen sich Personen stalken. So muss ein Ortungschip nur in der Tasche der Zielperson verstaut werden, damit dieser über andere Geräte im Netzwerk seine Position (bzw. die des weiteren Geräts) übermittelt.

Tracker können darüber hinaus noch zu anderen “Spionage”-Zwecken eingesetzt werden, beispielsweise zur Verfolgung von Objekten, oder auch Brief- und Postpaketen. Selbst der Verfassungsschutz war möglicherweise bereits “Opfer” eines in einem Brief versteckten Trackers.

Rechtliche Aspekte

Datenschutz

Hauptaugenmerk der Positionsbestimmung sollte auf dem Datenschutz liegen. Mit der Positionsbestimmung von Personen, aber auch mit der Bestimmung der Position zahlreicher Objekte werden personenbezogene Daten erhoben. Selbst wenn die Positionsdaten nur pseudonymisiert ermittelt werden, bleibt ein Bezug zu einer natürlichen Person meist möglich.

Heranzuziehen sind die allgemeinen Grundsätze der Datenschutzgrundverordnung. Dabei heiligen nicht alle Zwecke die verfügbaren Mittel. Die Vielfalt der Szenarien macht eine ausführliche Darstellung sämtlicher Einsatzmöglichkeiten allerdings unmöglich.

Nicht einfach – Fahrzeugstandortbestimmung durch den Arbeitgeber:

Für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten ist zunächst eine Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO. In Frage kommen meist nur die freiwillige – und jederzeit widerrufbare – Einwilligung der betroffenen Personen oder berechtigte Interessen. Die Rechtsprechung hat der Einwilligung meist eine Absage erteilt; sie nimmt an, dass abhängige Beschäftigte üblicherweise nicht freiwillig in zwingende Vorgaben ihrer Arbeitgeber einwilligen. Damit hängt ein GPS-Tracking von den möglicherweise berechtigten Interessen der Arbeitgeber ab. Von der Rechtsprechung grundsätzlich nicht akzeptiert und als nicht berechtigt angesehen wurden bislang allerdings: Das Interesse an einer effizienten Routengestaltung, die Verhinderung von Diebstahl und die Beweissicherung bei Zivilprozessen. Das GPS-Tracking gilt für diese Zwecke nicht als geeignet. Arbeitgeber dürfen Ihre Mitarbeiter auch nicht generell „überwachen“, also beispielsweise Geschwindigkeitsüberschreitungen vorsorglich erfassen und dokumentieren. Denkbar ist ein Tracking für diesen Zweck lediglich dann, wenn bereits ein konkreter, einzelner (gewichtiger) Missbrauchsverdacht des jeweiligen Arbeitnehmers besteht. Live-Tracking ohne nachhaltige Speicherung und Aufzeichnung der Daten in dienstfreien Zeiten, um den Aufenthalt der Fahrzeuge bei Engpässen zu bestimmen, scheint in engen Grenzen als berechtigtes Interesse vertretbar. Ob das im Streitfall ein Gericht auch so bewertet, ist jedoch unklar. Da das GPS-Tracking von Personen – wenn auch als Nebeneffekt über das Fahrzeugtracking – unter das Profiling im Sinne des Art. 35 Abs. 3 lit. a, 4 Nr. 4 DSGVO fällt, kann zudem eine Verpflichtung zur Datenschutz-Folgeabschätzung bestehen.

Eine geheime Speicherung von Standortdaten in Firmenfahrzeugen erweist sich jedenfalls ohne das Wissen der diese Fahrzeuge nutzenden Mitarbeiter als rechtswidrig. Das gilt selbst dann, wenn diese zum Zweck einer effizienten Routengestaltung, der Verhinderung von Diebstählen und zur Beweissicherung in Zivilprozessen durchgeführt werden soll – so entschied das Verwaltungsgericht Wiesbaden zum GPS-Tracking im Logistikbereich, Urteil vom 17.1.2022 – 6 K 1164/21.WI; rechtskräftig.

Weitere Erwägungen

Zu beachten ist, dass die heimliche Überwachung von Zielpersonen mittels eines GPS-Empfängers nach § 42 BDSG strafbar sein kann. Werden zusätzliche Daten, Bilder oder Gespräche aufgezeichnet, ist zudem an die Straftatbestände der §§ 201 ff. StGB zu denken. Bei dauerhafter Überwachung droht darüber hinaus ein arbeits-, zivil- oder wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch. Letzterer kann auch bei der Überwachung von Objekten drohen, wenn diese beispielsweise dem Geheimnisschutz unterliegen.

Etwas kurioser scheint die Feststellung des Bundesgerichtshofs in einem zivilrechtlichen Unterhaltsverfahren, dass die Kosten für eine GPS-Überwachung nicht als Kosten der Vorbereitung und Führung eines Rechtsstreits der Gegenseite auferlegt werden können – BGH, Beschluss vom 15.5.2013, Az. XII ZB 107/08.

Abschließend ist diese rechtliche Aufzählung nicht.

Fazit

Die Vorteile eines positionsverfolgenden Trackings sind vielfältig. Sowohl im privaten als auch im unternehmerischen Bereich sind dabei allerdings die rechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten. Das Recht verbietet an sich kein Tracking, fordert jedoch stets eine Abwägung der divergierenden Interessen der Beteiligten.

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